Am Montag, den 18. Juli 2011 wurde Robert Husemann für seine Verdienste um das kulturelle Leben in der Stadt Paderborn und bundesweit von Bürgermeister Heinz Paus die Kulturnadel verliehen.
Mit der Verleihung wurde das nunmehr fast 20-jährige Bühnenleben von Robert Husemann geehrt, das nicht erst seit heute zu einem festen Bestandteil der Paderborner Kulturszene zählt.
Hier geht’s zu der entsprechenden Berichterstattung im Internet:
Link 1
Link 2
Link 3
Laudatio von Stani anlässlich der Kulturnadel-Verleihung 2011 an Holger Weißbrod und Robert Husemann
Kulturnadel 2011
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
liebe Kulturschaffende,
geschätzte Kulturrezipienten, -konsumenten und -delinquenten, geehrte Kulturnadelträger, zu ehrende und damit anlassgebende Neunadelträger, ich freue mich, hier heute zur Verleihung der Paderborner
Kulturnadel, die ja im dritten Jahr ausgewählten Paderbornern für ihre Verdienste um die Paderborner Kultur verliehen bekommen, also nur für solche Verdienste, bei denen sie nichts verdienen, was
dann aber jetzt eben als ihr Verdienst gewürdigt wird, den Part übernehmen zu dürfen, der neben dem des
Nadeleinheimsers oder aber grammatisch korrekter der Nadeleinheimser – es sind ja derer zwei – der vielleicht schönste des Abends ist.
Denn ich habe die Freude und die Ehre, nicht zuletzt aber auch das Vergügen, auserkoren zu sein, über die heute zu benadelnden ein paar Worte verlieren zu dürfen, Ihnen das eine oder andere bisher vielleicht oder eher sogar wahrscheinlich Unbekannte über unsere beiden bald Ansteckpfaudekorierten verraten zu können.
Und das schönste dabei ist:
Sie können sich nicht wehren.
Eines muss ich aber schon einmal im Vorfeld klären:
Es wird sicherlich nicht so spannend, wie im letzten Jahr, denn – ich sage es kurz – die Nadeln sind da.
Sie können also alle, wenn Sie es nicht ohnehin schon gemacht haben, Ihre Handys abschalten. Es ruft keiner an. – Auch nicht den Bürgermeister.
Stutzen – Handy aus der Tasche nehmen – Abschalten – Wieder wegstecken Danke für den Tip!
Meine Damen und Herren, es ist heute an mir, laudatorisch über zwei Menschen zu sprechen, die – rein zufällig – etwas mit mir zu tun haben, der eine mehr und der andere weniger.
Gestatten Sie mir, meine Damen und Herren, dass ich, bevor ich mit meiner Lobpreisung beginne, noch kurz auf dieses schöne Wort Laudator eingehe.
Denn dem Laudator kommt ja im Rahmen eines Festaktes eine sehr wichtige Rolle zu. Wie wir alle wissen, zeichnen sich Festakte bekanntlich dadurch aus, dass so lange vorträglich oder grußwortlich geredet wird, bis alle heiße Ohren haben.
Deshalb gibt es im Idealfall einen, der quasi aus gesundheitlicher Vorsorge die Ohren der Zuhörer vorsichtig auf diese ungewohnte Belastung vorbereitet. Aus diesem Grund muss er so lange schöne
Worte finden, bis sich die Ohren angemessen erwärmt haben, mit anderen Worten: Bis lau dat Ohr.
Das dauert in der Regel je nach Blutdruck der Zuhörer zwischen 40 und 55 Minuten.
Sitzen Sie also bequem.
3
Nun aber zu unseren Zweinadelträgern:
Der eine läuft mir – fast zwangsläufig – ständig über die Füße, in der Kulturwerkstatt.
Der andere ist in seiner Freizeit meist da zu finden, wo es mich bald schon, nachdem mich das Schicksal ereilt hat, studienplätzlich Paderborn zugelost zu werden, hintrieb, auf der Freilichtbühne.
Kommen wir zunächst zur freilichten Gestalt unter den benadelten, zum Hasenkönig von der rutschenden Hose:
Holger Weißbrod!
Er war nicht nur acht Jahre lang Vorsitzender der Freilichtbühne Schloß Neuhaus, – und dafür, und vor allem dafür, was er in dieser Zeit so alles zuweg oder aber auch zugang, treffender aber noch
zuhaus gebracht hat, sitzt er ja heute hier.
Holger Weißbrod ist zudem auch ein typischer Paderborner Kulturnadelträger. – Er kommt von Auswärts – wie die meisten seiner fünf Vorgänger: Michael Werner kommt aus Schlesien, auch wenn er am Ostpreußenweg wohnt, Horst Ziegler ist ein in der Pfalz geborener Schwabe, Hans-Joachim Nachtmann kommt aus Düsseldorf, ich bin gebürtiger Münsteraner, also wenigstens schon mal Westfale – Sie merken, ich nähere mich langsam Paderborn – und Katharina Linnemann ist immerhin auch noch von hinterm Berg weg, aus Borchen.
Allein Herrmann Sittig musste bisher die Paderborner Geburtsfarben hochhalten. Gut, dieses Jahr springt ihm Robert Husemann zur Seite. Aber als Neuhäuser ist er letztendlich doch auch nur ein 1975 durch die Gebietsreform Zwangspaderbornisierter. Und als sei das nicht genug, sitzt ihm zur Seite auch gleich noch der zweite Kulturnadelschwabe:
Holger Weißbrod.
4
Der Kölner würde zu alldem sagen: „Alles Immis“
Der Paderborner sagt dazu: – gar nix!
Ich meine, was soll er, der Paderborner auch sagen?
Dieser Mann, Holger Weißbrod, kommt gebürtig aus Heidenheim.
Früher wusste man in Paderborn, wie man mit solchen Leuten um zu gehen hatte. Da schickte man die Heiden heim.
Aber seit Heinz Nixdorf und der Universitarisieung der Stadt ist das alles anders. Paderborn wächst und wächst und wächst und wächst.
Doch dieses Wachstum kommt nicht, wie der Stadtslogan vermuten lässt, durch Überzeugung der Ureinwohner zustande, sondern vor allem durch Zuzug.
Und unter diesen Zugezogenen sind dann offensichtlich einige, die sich das Ganze eine Weile angucken und sich dann sagen:
„Also wenn ich hier bleiben soll, dann muss was passieren,“
krempeln die Ärmel hoch und legen los.
Nicht, dass Sie mich jetzt falsch verstehen, meine Damen und Herren. Natürlich gibt es auch reichlich Ureinwohner, die mitkrempeln, aber scheinbar nicht ganz so auffällig.
Und einer dieser Krempler ist Holger Weißbrod.
1987 verschlug es ihn in das Nixdorf Paderborn, und er überstand nicht nur das, sondern auch das Nixdorf’sche Ende, die Zeit, als Nixdorf mit dem Luft auch die Selbe ausging.
Er hatte Glück, weil er, wie er selber sagt, „immer gerade an der richtigen Stelle“ war, da wo es noch irgendwie weiter ging. An der richtigen Stelle war er auch, als die gerade in voller Fahrt befindliche Freilichtbühne Schoß Neuhaus in den pädophilen Wirren ihres Vorsitzenden zu sinken drohte.
Da war Holger Weißbrod eben einer von denen, die die Ärmel aufkrempelten, um den Karren aus dem Sumpf zu ziehen.
5
Dabei waren die Vorzeichen eigentlich umgekehrt:
nämlich schiebend!
Durch seinen theaterbegeisterten ältesten Sohn 1997 an die Freilichtbühne gelockt, musste der Vater in Ermangelung erwachsenen Personals schon ein Jahr später selber auf die Bühne, oder genauer:
Er musste eine Straßenbahn auf die Bühne schieben.
Oh, symbolischer Akt, wer hat Dich aus der Alme gezaubert?
Denn schon im gleichen Jahr übernahm er aus oben schon erwähntem Grund das Amt des Kassierers, im Januar 2001 schließlich den Vorsitz der Freilichtbühne.
Und nun begann die Zeit, die heute ihre Nadeln auf Holger Weißbrod wirft, die Zeit der Renovierung der Freilichtbühne.
Zwar war anlässlich der Landesgartenschau das Technik-, Sanitär- und Lagergebäude der Freilichtbühne hübsch umgestaltet worden, das Bühnenhaus und die Bestuhlung waren aber immer noch in dem gleichen Zustand, in denen ich sie vor 33 Jahren kennen gelernt habe: Das Bühnenhaus je nach Wetter klamm bis nass und vom Schimmel verwöhnt, und die Stühle wackelig, inzwischen vielleicht aber auch schon teilweise selbsthinfällig durch wetterbedingte Entleimung.
Holger Weißbrod sorgte zunächst dafür, dass die Zuschauer vernünftig sitzen konnten. Und die Betonung liegt hier auf vernünftig. Vernünftig bei einer Theaterbestuhlung ist, dass sie so bequem ist, dass der Zuschauer die Vorstellung nicht wegen Rückenschmerzen vorzeitig verletzt.
6
So verbrachte Holger Weißbrod Wochen seiner wertvollen Freizeit mit Probesitzen auf den neu zu installierenden festen Sitzbänken, bis er endlich die richtige Neigung der Rückenlehnen
herausgefunden hatte.
Einen Nachteil dieser neuen Sitzbänke konnte aber auch er nicht eliminieren:
Man kann sie bei Regen nicht mit unter das Vordach nehmen.
Die Zeit des Probesitzens ließ Holger Weißbrod aber nicht ungenutzt verstreichen. Er durchstöberte die Archive der Freilichtbühne – denke ich mir – und entdeckte, dass sein Amtsvorgänger Geld für die Renovierung des Bühnenhauses beantragt und bewilligt bekommen hatte, die es jetzt auszugeben
galt, bevor sie verfielen.
Und so machte sich Holger Weißbrod daran, ein neues Bühnenhaus zu bauen. – Nein, halt! – das alte marode zu renovieren. Denn das Geld war für eine Renovierung bewilligt.
Das alte Bühnenhaus musste also so geschickt abgerissen werden, dass dabei mindestens eine Wand daran gehindert wurde, umzufallen, um um sie herum ein neues Bühnenhaus zu errenovieren.
Und es hat funktioniert. Wenn Sie einmal mit gespitzter Nase durch das neue Bühnenhaus gehen, dann werden Sie feststellen, dass eine der Wände immer noch so ein klitzekleines Bisschen nach Moder riecht. Ich verrate aber jetzt nicht, welche.
Aber das sollte nicht das größte Problem sein, dass sich Holger Weißbrod in den Weg stellte.
Wer schon einmal gebaut hat, weiß, was da alles auf einen zukommen kann. Er weiß aber nicht, was es heißt, ein öffentliches Gebäude zu errichten. Jede Spax-Schraube und jeder Dübel muss ausgeschrieben werden.
7
Im Jahr 2005 begann schließlich der Renovierungsneubau.
– Wer jetzt gut aufgepasst hat, der weiß nun auch, wie lange das Weißbrod’sche Probesitzen gedauert hat. –
Neben den Ausschreibungen für alles und jedes tat sich ein weiteres, weitaus größeres Problem auf:
In der Zuschussgenehmigung war festgelegt worden, dass 20% der Ausgaben – immerhin insgesamt 410.000 € – durch die Arbeit von ABM-Kräften zu verbauen seien.
Jetzt gab es aber dank der sprachgestalterischen Qualität der Arbeitsmarktpolitiker gar keine ABM-Stellen mehr.
Was also tun? – Das Problem konnte gelöst werden.
Aber es gab auch weit größere Probleme:
Für den Neubau musste ein Zaun versetzt werden. Wer war dafür zuständig?
Holger Weißbrod machte sich auf den Weg durch die städtischen Institutionen, um diese Frage zu beantworten.
Goszinny würde sagen: – Asterix-Freunde wissen das. – Er ging in das Haus, das Verrückte macht.
Zunächst wandte er sich an das Kulturamt. Dort war man der Meinung, dass ein Zaun ein Bauwerk sei, und somit in den Zuständigkeitsbereich des Gebäudemanagements fiel. Die sagten ihm, dass Zäune nicht zu den Gebäuden gehörten, sondern zu den Grünflächen, für die natürlich das Grünflächenamt zuständig sei,
welches wiederum feststellte, dass die Freilichtbühne auf dem Gelände der Schloss- und Auenparks gehöre und damit in den Zuständigkeitsbereich der Schlosspark und Lippesee GmbH, die sich aber für die Kultureinrichtung Freilichtbühne mit nichten zuständig fühlten und ihn deshalb zurück an das Kulturamt
verwiesen.
8
Holger Weißbrod suchte in seiner Verzweifelung nach seiner Pistole, fand aber keine und rief deshalb den Bürgermeister an.
Heinz Paus sagte ihm, er solle sich nicht verrückt machen lassen, und er gebe ihm ab sofort Reinold Stecher vom Kulturamt an die Hand, der ihn in Zukunft durch den stadtverwaltlichen Dschungel führen werde.
Und hier sticht sich die Nadel, oder, wie wir gemeinhin sagen: Hier schließt sich der Kreis.
Denn Reinold Stecher – dessen Vornamen ich übrigens nach über 30 Jahren Kulturarbeit in Paderborn extra für diese Rede im Internet eruieren musste. – Bis dahin war er bei allen immer nur Stecher oder der Stecher, oder, wenn’s hoch kam, Herr Stecher. – Reinold Stecher war jetzt nicht nur Holger Weißbrods Führhund.
Er war auch vor dem schon der, der die Ausgaben und Abrechnungen aller Kultureinrichtungen, die Geld von der Stadt bekommen haben, unter die Lupe nahm und – ich darf das sagen – gewissenhaftest auf Fehler überprüft hat.
Holger Weißbrods Abrechnungen fand er aber nicht nur korrekt, sondern sie haben ihn derart begeistert,
– Sie haben richtig gehört: einen Buchhalter begeistert! – dass er an seinem letzten Arbeitstag vor der Verrentung vorgeschlagen hat, Holger Weißbrod für diese, wie gesagt, ehrenamtliche Leistung für die Freilichtbühne mit der Kulturnadel zu ehren.
Dem kann man nicht widersprechen.
Wie komme ich jetzt aber zu unserem Zweitbenadelten, zu Robert Husemann?
Richtig! – über die Freilichtbühne.
9
Denn auch Robert Husemann hat auf der Freilichtbühne gespielt.
Allerdings hat er nicht vor Zuschauern gespielt, sondern eher heimlich, wenn keine Zuschauer da waren.
Als kleiner Junge hat er dann auf der Freilichtbühne ganz für sich nachgespielt, was er vorher hier gesehen hatte.
Wir nennen das seit heute neudenglisch ‚reacting’ oder husemannisch genauer ‚single reacting’.
Weil er aber alleine dort spielte, – Die Alternative wäre gewesen, mit den Nachbarsmädchen ‚Vater, Mutter, Kind’ zu spielen, was ihm auf Dauer zu langweilig war. – musste er notgedrungen natürlich alle Rollen selber spielen, eine frühkindliche Übung, die ihm später noch sehr hilfreich sein sollte.
Ansonsten verlief Robert Husemanns Leben relativ unspektauklär.
Das Leben eines Neuhäuser Jungen halt:
Hauptschulabschluss, Ausbildung zum Energieanlagenelektroniker und schließlich 1979 Feuerwehrmann, zwischendurch natürlich die Zwangseingemeindung nach Paderborn.
Weil es aber in Paderborn offenbar nicht genug brannte, und er deshalb scheinbar nicht ausgelastet war, begann Robert Husemann 1980 eine Gesangsausbildung bei Martha Becker in der Waldeslust in Neuhaus.
Das Streben nach einer Sängerkarriere endete aber jäh, als bei einem Konzert – natürlich in Neuhaus – anlässlich des 200. Todestages Mozarts der Pianist den armen Tamino Husemann in Guiness-Buch verdächtigem Tempo durch seine Arie hetzte, dass dem jungen Tenor die Luft und der eine oder andere Ton weg blieb.
So wollte er nicht noch einmal vorgeführt werden.
Nichts desto trotz zog es Robert Husemann zur Bühne. Und er entsann sich seines kindlichen Theaterspiels, ganz ohne Zuschauer. So etwas würde er gerne machen.
10
Was lag da näher, als Puppentheater. Da hätte er ein Brett vor’m Kopf – und dem Rest des Körpers natürlich.
So konnte er Theater spielen, ohne gesehen zu werden. Ideal!
Was dann kam, ist längst Feurwehrgeschichte. 1993 gründete er die Paderborner Jugendfeuerwehr-Puppenbühne. Zusammen mit jungen Kollegen zog durch Schulen und Kindergärten, um den Kindern mit Hilfe von Kasper, Seppel und dem Feuerteufel den selben auszutreiben.
Im feuerwehroffiziellen Deutsch heißt das dann lyrisch Brandschutzprävention.
Allerdings war der Feuerteufel dabei anfänglich derart teuflisch, dass die Kinder sich direkt gegen ihn zu Wehr setzen, indem sie ihn auch schon mal köpften oder mit Fritten bewarfen.
Und wie wir alle wissen, gibt es für einen Puppenspieler ja nichts schöneres, als während einer Aufführung mit Fritten rot-weiß gefüttert zu werden.
Aber Robert Husemann würde heute nicht Kulturnadelträger, wenn er nicht damals schon eine Lösung gefunden hätte.
Zunächst schrieb er für sich und die Kollegen neue Stücke, und zwar nicht nur, um die mobile Frittenversorgung abzustellen, und dann entwickelte er die MoKaKi, die Mobile Kasper Kiste, einen zur Puppenbühne umgebauten Feuerwehranhänger, der in Windeseile auf- und abzubauen war.
Die Paderborner Brandschutzkasper waren so erfolgreich, dass Robert Husemann mit der Zeit immer mehr anderen Feuerwehrkasperbühnen landauf, landab als Geburtshelfer unter die Arme greifen dürfen musste.
Schon bald begrüßten ihn seine Paderborner Kollegen in der Wache an der Florianstraße nur noch mit „tri, tra, trullala.“
11
Dass dieses Engagement erfolgreich war, beweist auch, dass der Paderborner Feuerwehrkasper 1997 für seine
Brandschutzerziehung „Die Brandschuz 1“ des Deutschen Feuerwehrverbandes bekam.
Und jetzt gab es kein Halten mehr. Robert Husemann belegte Puppenspielseminare, u.a. bei Trixini, die Feuerwehrkasper nahmen eine CD auf mit ihrem Husemann’schen Erfolgsstück „Der Feuerteufel und der gelbe Sack“, ein Stück übrigens, dass sich wider Erwarten nicht mit der chinesischen Mafia befasst.
Aber diese Aufnahmen gestalteten sich schwieriger, als zunächst angenommen. Denn sagen Sie einem Feuerwehrmann mal, dass er seine Sätze bei der Aufnahme immer gleich betonen soll. Er wird das nicht hin kriegen.
Häuser brennen doch auch nie gleich ab.
Also mussten Schauspieler die Texte einsprechen.
Nichts desto trotz wurde die Feuerwehrkasperei zu einem Flächenbrand. Egal ob in Niebüll oder in Hinterzarten, Robert Husemanns Feuerwehrkasperschüler kaspern inzwischen bundesweit.
1998 kam dann die nächste Wende in Robert Husemanns Leben:
Er kaufte einen Handpuppensatz des mit den Comix-Figuren aus dem Knax-Klub. Dieser bildete die Grundlage für den Aufbau der Knax-Puppenbühne Paderborn in Kooperation mit der Sparkasse, anders gesagt: Die Sparkasse zahlte und Husemann spielte und kassierte. Und weil das Kassieren einer Rechtsform bedurfte,
gründete Robert Husemann auch gleich die Paderborner Puppenspiele.
12
Zusammen mit dem inzwischen auch als Polizeikasper bekannten Zauberer und Nebenerwerbspolizisten Randolf Latusek zog er mit der Knax-Bühne über die Lande.
Heute noch, allerdings ohne Latusek. Denn weil der immer mehr für seine Polizei kaspern musste, stieg er aus der Knaxs-Bühne aus.
Was lag da für Robert Husemann näher, als seine Söhne als Puppenspieler zu rekrutieren?
Ich meine, wofür hat man so was denn sonst?
Das nächste wichtige Datum war der Dezember 2000. Die Paderborner Puppenspiel-Knaxs-Bühne gastierte bei einer UNICEF-Veranstaltung erstmals in der Kulturwerkstatt.
Mit Folgen!
Seit diesem Tag bekommt man Robert Husemann aus der Kulturwerkstatt einfach nicht mehr raus.
Wenn Sie ihn an einem Samstag Nachmittag einmal nicht dort antreffen, meine Damen und Herren, dann seien Sie versichert, dass Sommerferien sind oder Weihnachten wieder mal auf ein Wochenende fällt.
Aber zurück zum Einzug in die Kulturwerkstatt.
Zunächst wurde das Kino das Zuhause der Puppenspielbühne.
Das ging so:
Die Hausmeister mussten die Decke des Kinos mit Gardinenleisten vertäfeln, an denen Robert alles, was der Puppenspieler so an Bühnenbild und Vorhängen braucht, aufhängen konnte.
Nach der Vorstellung wurde das Ganze in großen Rollklappkisten verstaut, die aber auch gleichzeitig während der Vorstellung die Bühne waren.
MoKaKi lässt grüßen.
13
Nach der Vorstellung landeten die eingepackten Kasperkisten dann in einem Lager im ersten Sock.
Das Husemann’sche Puppentheater war also infrastrukturell bestens organisiert.
Probleme gab es nur, wenn die ganze Familie mit Sack und Pack, aber ohne Handy in der Tasche, vor der Vorstellung mit dem Fahrstuhl auf halber Fahrt stecken blieb und die Hydraulik nach gefühlten fünf Stunden endlich den Druck abließ und der Fahrstuhl zu Boden schwob.
– Ich weiß, Robert, es war nicht genau so. Aber anders hätte ich das Wort ‚schwob’ nicht unter gekriegt. –
Aber auch dieses Problem war bald Geschichte.
Mit der Einrichtung des Studios im ersten Stock bekam Robert Husemann seine feste Puppenbühne, also fast fest.
Auf der einen Seite spielten Theater und Kleinkunst, auf der anderen die Puppen.
Und abbauen musste er nur noch, wenn abends der Platz für die Theaterzuschauer knapp wurde.
Er hatte jetzt also nur noch eine einzige Sorge:
Kommen abends bei Stani genug Zuschauer, oder kann ich die Bühne stehen lassen?
Das nächste Jahr der Veränderung ist 2007. Robert Husemann tut sich für einige Projekte mit Nelo Thies zusammen. Und sie bringt ihn nicht nur dazu, selbst auf der Bühne zu stehen. Nein, sie bringt
ihn auch dazu, wieder in der Öffentlichkeit zu singen und nicht nur in der heimischen Dusche in der Sighardstraße.
14
Ob sie aber die Folgen dieser Überredungs- und oder Überzeugungsarbeit abgesehen hat, wage ich zu bezweifeln.
Auf jeden Fall singt Robert wieder, bei den letzten Puppenspielwochen sogar auch wieder Mozart, allerdings nicht den Tamino. Da sitzt wohl noch das Tempotrauma im Weg.
Aber, meine Damen und Herren, Robert Husemann ist nicht nur Puppenspieler.
Neben all dem hier aufgezählten hat er auch noch Karriere bei der Feuerwehr gemacht, zunächst als Dozent an der Feuerwehrakademie in Münster und inzwischen als Chef der Feuerwehr in Lippstadt, und das alles, wie er immer wieder betont, obwohl er nur den Hauptschulabschluss hat.
Aber, Robert, – und das muss jetzt hier einmal ganz klar gesagt werden – Ihr hattet damals ja auch gar nicht anderes in Neuhaus.
Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, zum Schluss noch ein Geheimnis lüften:
Denn Robert Husemann ist auch nicht nur Puppenspieler und Feuerwehrmann und Hauptschüler.
Er ist auch Puppenspielpuppensammler. Aber das ist, glaube ich, eine Puppenspieler typische Sucht.
Allerdings braucht man bei ihm jetzt keine Angst haben, dass er mit seiner Sammelleidenschaft seine Familie an den Rand des Abgrunds treibt.
Denn zum Glück ist seine Frau Lehrerin und kann mit ihrem Gehalt die Familie über Wasser halten. Und so kann er ohne Angst sein eigenes Gehalt in die Puppensammlung stecken.
15
Wenn Sie ihm aber vielleicht trotzdem helfen wollen, ist das ein Leichtes. Vielleicht haben Sie ja eine große, trockene Halle, am besten mit einer Heizung.
Stellen Sie sie ihm zur Verfügung. Ich meine, das Treckermuseum ist doch auch so ähnlich entstanden, oder?
Ganz am Ende muss ich noch jemanden erwähnen, ohne den das Bild, dass ich hier von Robert Husemann zu zeichnen versucht habe, unvollständig wäre: die Westfalenratte oder aber auch Kulturratte oder aber einfach auch Ratte.
2006 hat sie beim Zeltsommer das Licht des Paderquellgebiets erblickt. Seit dem moderiert sie nicht nur die Einfach-So-Show in der Kulturwerkstatt – wo sonst.
Sie ist mir auch immer wieder ein liebgewordener und wunderbarer Bühnenpartner.
Fast allein schon für dieses Kleinod südostwestfälischer Kanalisation verdient Robert Husemann die Kleinkunstnadel.
Ich danke ihnen.
© stani, 7.7.11